Die Spendentour

Ein Bericht von Trinh Minh Thao über die Herausforderung, in Vietnam zu helfen. (Januar 2004)

Es ist in unserer heutigen Zeit einfach zu helfen. Man sieht viel Not und Elend in den Medien und wenn man helfen will, muss man einfach nur einer der vielen Hilfsaktionen & Spendenaufrufe folge leisten und einen Teil seines Geldes an Bedürftige spenden. Doch an Ort und Stelle zu sein, sich selbst ein Bild von bedürftigen Menschen und den dort herrschenden Bedingungen zu machen, ist eine ganz andere Sache.

Morgens um drei Uhr fuhren wir in einem Taxi los. Der Taxifahrer fuhr uns auf eigene Kosten zum Spendenziel. Wir waren eine kleine Gruppe: mein Vater Trinh Bon, der Sozialarbeiter Hoang, der Taxifahrer und meine Wenigkeit. Wir mussten Spendengelder, die von Herrn Luu und meinem Vater in Deutschland gesammelt wurden, zu einer Schule bringen, die gerade aufgebaut wurde. Die Schule war in einem Gebiet, das nicht von Straßen umgeben war, sondern von kleinen Kanälen. Die Schüler müssen mit dem Boot in die Schule, manche von ihnen rudern 1 Std. lang, um am Unterricht teilnehmen zu können. Das kann man sich in Deutschland kaum vorstellen.

Die Fahrt dauerte 5 Stunden über holprige Straßen. Danach mussten wir noch eine Stunde mit dem Boot fahren. Wir besorgten auf dem Weg noch einige Baumaterialien, die dort an Ort und Stelle gebraucht wurden. Die Schule war nur halbfertig, um das Gebäude herum waren Schlamm und Matsch; die Gelder und Baumaterialien wurden dringend benötigt. Nach einer feierlichen Übergabe und dem obligatorischen Tee ging es dann weiter. Wir hatten noch Schulmaterialien, Schulhefte und Stifte mitgebracht und wollten sie an einer anderen Schule verteilen. Es ging wieder eine Stunde lang mit dem Boot durch die Kanäle, dann mit dem Auto eine Stunde und dann wieder mit dem Boot eine Stunde bis wir an der anderen Schule waren.

Um die ärmlichen Verhältnisse, die an dem Ort herrschen näher zu erläutern, hier ein kleines Beispiel: wir hatten in der Nähe der zweiten Schule in einem kleinen Lokal Mittag gegessen. Es waren insgesamt 8 Personen und jeder hatte eine Nudelsuppe und ein Getränk. Das ganze Essen hatte 20.000,- Dong gekostet, ca. einen Euro. In Saigon hätte man für das Geld gerade mal eine Nudelsuppe und ein Getränk bekommen.
Das Wort "Schule" beschreibt nicht mal annähernd was wir vorfanden. Es war vielmehr eine Hütte, die überall Löcher hatte, sowohl in den Wänden als auch in der Decke. Die Kinder im Alter von 6-7 Jahren, die dort waren, hatten zerrrissene Kleider und liefen barfuß herum. Nicht dass sie es so wollten, aber ihre Eltern waren zu arm sich Anziehsachen zu leisten. Es ging sogar soweit, dass manche Kinder nicht zur Schule konnten, da sie sich Hefte und Stifte nicht leisten konnten.

Jedes Kind bekam von uns 4 Hefte und einen Stift (Wert 50 cent). Dies reicht aus, um es dem Kind zu ermöglichen, ein ganzes Jahr lang die Schule zu besuchen. Die Kinder waren sehr glücklich über diese Spenden, und vor Ort zu sehen, wie sehr sich jemand über Dinge freut, die bei uns alltäglich sind, ist eine große Freude. Die Kinder hatten ein Leuchten in den Augen. Die kleinen Dinge des Lebens werden hier mehr geschätzt. An solchen Orten wird einem erst richtig bewusst, wie privilegiert man selbst eigentlich in Deutschland lebt. Selbstverständlich macht man sich in Deutschland Gedanken darüber, dass es anderen in fernen Ländern schlechter geht, aber selbst zu sehen, dass normale Dinge für andere nicht normal sind, öffnet einem die Augen.

Die Heimfahrt war genauso anstrengend, wie die Hinfahrt. Um 24:00 Uhr kamen wir dann in Saigon an. Müde, aber glücklich, einen kleinen Beitrag geleistet zu haben./.